Schadensersatz wegen verspäteter Zielvorgabe
Das Landesarbeitsgericht Köln befasste sich in einem Urteil vom 6.2.2024 mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Schadensersatzanspruch eines Arbeitnehmers wegen verspäteter Zielvorgabe besteht.
Der Kläger war bei der Beklagten als Head of Advertising tätig. Er zählte somit zu den Mitarbeitern mit Führungsverantwortung. Der Arbeitsvertrag enthielt eine Regelung, wonach sich das Zielgehalt aus einem Bruttofixgehalt und einer variablen Vergütung zusammensetzte. Die Ziele sollten gemäß der arbeitsvertraglichen Regelung „zeitnah nach Antritt der Beschäftigung und im Folgenden zu Beginn eines jeden Kalenderjahres vom Vorgesetzten definiert“ werden. Zudem regelte eine Betriebsvereinbarung, dass der Mitarbeiter jeweils bis zum 01.03. eines Kalenderjahres eine zuvor mit ihm zu besprechende Zielvorgabe erhalten sollte. Im Geschäftsjahr 2019 teilte die Beklagte ihren Führungskräften die Zielvorgaben erst Ende des Monats September mit.
Der Kläger vertrat die Auffassung, dass die Vorgabe der Unternehmensziele für 2019 verspätet, formell unwirksam und ermessensfehlerhaft erfolgt sei. Aus dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes sei von einer Zielerreichung im Hinblick auf die Unternehmensziele von 100% auszugehen.
Das Landesarbeitsgericht Köln entschied nun zugunsten des Klägers. Erfolge eine Zielvorgabe erst zu einem derart späten Zeitpunkt innerhalb des maßgeblichen Geschäftsjahres, dass sie ihre Anreizfunktion nicht mehr sinnvoll erfüllen kann, sei sie so zu behandeln, als wenn sie überhaupt nicht erfolgt sei. Ein derart später Zeitpunkt sei jedenfalls dann anzunehmen, wenn das Geschäftsjahr bereits zu mehr als drei Vierteln abgelaufen ist. Zudem stellte sich das Landesarbeitsgericht Köln auf den Standpunkt, dass eine Anreizfunktion nicht per se dadurch ausgeschlossen werde, dass die unterlassene Zielvorgabe unternehmensbezogene Ziele betrifft.
Mit diesem Urteil schloss sich das Landesarbeitsgericht Köln der Rechtsprechung mehrerer anderer Landesarbeitsgericht an, nach deren Auffassung auch eine unterbliebene einseitige Zielvorgabe einen Schadensersatzanspruch begründet. Da das Landesarbeitsgericht Köln die Revision zugelassen hat, bleibt abzuwarten, wie das Bundesarbeitsgericht in der Sache entscheidet.
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