Nutzung von Kameraaufnahmen zur Abstandsüberwachung unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrats
Das Arbeitsgericht Wesel hat mit seinem Beschluss den umfassenden Anwendungsbereich des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die zur Überwachung der Arbeitnehmer bestimmt sind, auch in Zeiten von COVID-19 bestätigt.
Der Betriebsrat eines Logistikunternehmens mit Sitz im Ausland verlangte im Wege einer einstweiligen Verfügung wegen der Verletzung seiner Mitbestimmungsrechte die Unterlassung der Nutzung von Kameraaufnahmen zur Abstandsüberwachung.
Die Arbeitgeberin hatte anhand von Bildaufnahmen der Arbeitnehmer die Einhaltung der im Rahmen der Corona-Pandemie empfohlenen Sicherheitsabstände von mindestens zwei Metern im Betrieb kontrolliert. Dazu verwendete sie die im Rahmen der betrieblichen Videoüberwachung erstellten Aufnahmen, die sie auf im Ausland gelegenen Servern mittels einer Software anonymisierte.
Das Arbeitsgericht gab dem vom Betriebsrat geltend gemachten Unterlassungsanspruch teilweise statt. Die Aufnahme und Speicherung mittels der im Betrieb bereits installierten Kameras sei zwar von der geltenden Betriebsvereinbarung gedeckt. Es sei auch kein von den Regelungen der Betriebsvereinbarung abweichender Zweck (Schutz der Mitarbeiter vor Gesundheitsgefahren) verfolgt worden.
Anders stelle es sich jedoch im Hinblick auf die Verarbeitung von Kameraaufnahmen und deren Übermittlung an Dritte zum Zweck der Vornahme von Abstandsmessungen oder Abstandsüberwachungen dar. Insoweit stehe dem Betriebsrat ein Unterlassungsanspruch nach § 77 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 87 Abs. 1 BetrVG zu, da es sich um mitbestimmte Maßnahmen handele, die von der Betriebsvereinbarung nicht gedeckt seien. Die Arbeitgeberin verstoße gegen die Regelungen der Betriebsvereinbarung, indem sie die Aufnahmen der im Betrieb installierten Überwachungskameras zum Zwecke der Bearbeitung an die auf irischen Datenservern liegende Anonymisierungssoftware übermittle bzw. die Daten zu diesem Zweck zur Verfügung stelle. Somit würden nicht anonymisierte Aufnahmen der Arbeitnehmer an einen Dritten übermittelt. Auch die Berücksichtigung der gegenwärtigen Pandemielage führe zu keinem anderen Ergebnis.
Wir beraten Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Betriebsräte gerne zu allen arbeitsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie.